Seit über 60 Jahren wird in Möllenbeck an der Weser Kies und Sand abgebaut. Dabei sind immer wieder große Gesteinsblöcke, sogenannte „Findlinge“ zu Tage gefördert worden. Eine repräsentative Auswahl dieser Steine wurde im „Möllenbecker Findlingsgarten“ ausgestellt.

Was sind Findlinge?

Findlinge sind durch die nordische Eiszeitgletscher in unseren Raum hergeschobene Gesteine von erheblicher Größe. Ihre ursprüngliche Heimat ist Skandinavien. Die kleineren Vertreter dieser Gruppe bezeichnet man als Geschiebe. Stammen sie aus der näheren Umgebung (Nammen), bezeichnet man sie als Lokalgeschiebe.

Was sind „Kames“?

Der Begriff „Kames“ (sprich: „Kaems“) wurde erstmalig 1883 in England im Zusammenhang mit eiszeitlichen Bildungen gebraucht. Kames sind nach heutiger Definition glaziale Aufschüttungen in Form kuppiger Hügel aus geschichteten Sanden und Kiesen. Sie wurden von Schmelzwasserflüssen zwischen Resten zerfallener Toteis-Massen aufgeschüttet.

Kames stellen eine Sonderform der Endmoräne dar, daher werden sie auch als Endmoränenvertreter bezeichnet. Bei der „normalen Endmoräne“ werden vor dem Eisrand durch die Schmelzwässer aus dem Eis Sande und Kiese abgelagert. Das Wasser kann frei ablaufen. Die abgelagerten Sedimente zeigen ein Einfallen der Schichten vom Eisrand weg. Das abgelagerte Material besteht aus Komponenten, die mit dem Gletscher hierher transportiert wurden.

Bei Kames ist die Entstehung anders. Die Schmelzwässer können nicht frei vom Eisrand weg abfließen, da durch einen korrespondierenden Eisrand oder andere morphologische Hindernisse ein Staueffekt entsteht. Die abgelagerten Sedimente bestehen aus höhenparallel angeordneten Kies- und Sandlagen, die intern schräg geschichtet sind. Dieses Sedimentationsbild ist vergleichbar dem von Flußablagerungen. Oft stellen Teile der Sedimente in Kames keine Ausschmelzprodukte des Eises dar, sondern werden von Flüssen an den Eisrand und zwischen die einzelnen Eisblöcke transportiert. Dabei kommt es regelmäßig zur Einlagerung großer Eisblöcke in diese Sedimente. Dieses sogenannte „Toteis“ schmilzt sehr viel später ab, die entstehenden Hohlräume stürzen ein, die für die Kames-Körper charakteristische kuppige Oberflächenform entsteht.

findling

Bestimmung der Gesteine im Findlingsgarten Möllenbeck

  1. Gneis, deutlich biotitgebändert, bis 4cm große Feldspataugen, hellgraubraun, abschuppend, 2,2×1,8×1,7m, Naturdenkmal
  2. Gneis, glimmerreich,Feldspataugen, 2,4×2,1×1,5m, Naturdenkmal
  3. Gneis, biotitgebändert, deutliche Feldspataugen, grauschwarz, grünliche Flächenfarben (Epidot), 2,7×1,55×0,55m, Naturdenkmal
  4. Granit, feldspatreich, rotbraun, Quarzkörner und Glimmerklumpen, klarer Gletscherschliff
  5. Gneis, mit sehr schön gefaltetem (Feldspat-) Pegmatitgang
  6. Sandstein, Sandstein des Mittleren Jura, braun, flachlagig geschichtet, eisenschüssig, Lokalgeschiebe von Nammen, Naturdenkmal
  7. Granit, feinkörnig
  8. Gneis, feldspatreich, vom Gletscher glattgeschliffen
  9. Gneis, glimmerreich
  10. Gneis, feldspatreich
  11. Sandstein Sandstein des Mittleren Jura, braun, flachlagig geschichtet, eisenschüssig, Lokalgeschiebe von Nammen, Naturdenkmal
  12. Gneisgranit, feinkörnig, feinlagig
  13. Granit mittelkörnig, rotbraun, mit Gletscherschliff, Leitgeschiebe aus Småland in Süd-Schweden, Naturdenkmal
  14. Kalkstein Kalkstein des Oberen Jura, grauschwarz, sehr hart, Lokalgeschiebe von Nammen, Naturdenkmal
  15. Gneis, glimmerreich, feinlagig
  16. Granit, feinkörnig, rötlich, mit Gletscherschliff
  17. Granitgneis, grau
  18. Gneis grobkristalline Feldspäte (Pegmatitgänge)
  19. Sandstein, Sandstein des Mittleren Jura, braun, flachgeschichtet, eisenschüssig, Lokalgeschiebe von Nammen, Naturdenkmal
  20. Diorit, Hornblendereich, mit herausragenden Rippen, rote und grüne Feldspäte, blaue Quarze, grauschwarzes Aussehen
  21. Granitgneis, rötlich, grobkristalline Feldspatgänge
  22. Granit, feinkörnig, rötlich, mit Gletscherschliff und wenigen Parabelrissen
  23. Sandstein des Mittleren Jura, braun, flachlagig geschichtet, eisenschüssig, Lokalgeschiebe von Nammen, Naturdenkmal
  24. Granit, mittelkörnig, grau und rötlich, mit Kluftscherfläche und Harnisch als Bewegungsrichtungsanzeiger, Kluftbelege aus Eisen und grünlichen Chloriten, Leitgeschiebe aus der Umgebung von Filipstad, Mittel-Schweden, Naturdenkmal
  25. Granit mittelkörnig, rötlich, Leitgeschiebe aus Småland in Süd-Schweden, Naturdenkmal
  26. Granit, mittelkörnig, mit grobkristallinen Feldspatadern (Pegmatitgänge)
  27. Granit, grobkörnig, pegmatitisch, rotbraun bis rötlich
  28. Diorit, grauschwarz, typische Hornblendenadeln, mit rötlichen Graniteinschlüssen
  29. Granit, feinkörnig, mit Gneiseinschluß, hellgrau bis rotbraun
  30. Granit, feinkörnig , mit gröberen Adern, rotbraun
  31. Granit, feinkörnig, mit grobkristallinen Einschlüssen aus hellen und dunklen Quarzkristallen und dunkelolivgrünem Peridot (Chlorit)
  32. Granit, mittelkörnig, graubraun

Die geologische Entwicklung des Wesertals im Eiszeitalter

Gegen Ende der Tertiärzeit vor ca. 3 Millionen Jahren begann die Eintiefung der Weser und ihrer Nebenflüsse als Folge der großräumigen Hebung des heutigen Niedersächsischen Berglandes.

Die Entstehung des Kames – Terassen von Krankenhagen-Möllenbeck im Eiszeitalter vor ca. 200.000 Jahren

Das Einschneiden der Flüsse führte zur Abtragung der anstehenden Festgesteine, die Flußtäler wurden vertieft, das gelöste Material wurde in Richtung Meer transportiert.

Unterbrochen wurde dieser Erosionsvorgang nur zeitweilig als Folge der eiszeitlichen Klimaschwankungen. In kalten Klimaphasen fehlte die schützende Waldbedeckung. Der ständige Wechsel von Auftauen und Gefrieren des Bodens führte zu Entstehung sehr großer Mengen aufgelockerter Gesteine. Diese sogenannten „Hangschuttmassen“ kamen unter den damals herrschenden Klimabedingungen schon bei geringen Hangneigungen ins Gleiten. So gelangten sie in derartig großem Umfang in die Täler, dass die Kraft der Weser nicht mehr ausreicht, um sie vollständig abzutransportieren. Der Fluß lagerte das Material lediglich um, die einzelnen Komponenten wurden zugerundet und als Schotterkörper sedimentiert. Es entstanden die sogenannte Fluß-Terrassenkörper, bestehend aus Kiesen und Sanden des näheren und weiteren Abtragungsgebietes.

In der darauf folgenden Warmzeit schnitt sich der Fluß dann erneut in seine eigenen Ablagerungen ein, um sein Abtragungswerk fortzusetzen. In der anschließenden Kaltzeit kam es zurBildung der nächst jüngeren Flußterrasse.

Vor Ende der Elster-Eiszeit vor ca. 330 000 Jahren unterschied sich das Flußnetz noch in vielen Teilen erhelblich von dem heutigen. Damals floß die Weser von Hameln aus nach Nord-Osten, um bei Nordstemmen in die jetztige Leine zu münden. Daher treten bei Möllenbeck als älteste Flußablagerunger der Weser die Mittelterrassen-Kiese aus der Saale-Kaltzeit auf. Ihr Terrassenkörper, dessen Oberfläche ca. 20 m über der heutigen Talaue liegt, läßt sich aufgrund seiner oft markanten Ausbildung gut verfolgen.

Während der Aufschotterung dieses Terrassen-Körpers verschlechterte sich das Klima noch weiter. Das nordische Inlandeis wuchs an. Der Eisrand der Drenthe-Vereisung (Saale-Kaltzeit) begann von Skandinavien aus nach Süden vorzurücken. Er erreichte die Mittelgebirge auf breiter Front und versperrte der Weser den Durchfluß durch die Porta. Als Folge davon staute sich das Wasser des Flusses vor dieser natürlichen Barriere. Es bildete sich ein See, der sich von der Porta bei Minden bis nach Hameln erstreckte. Feinkörnige Partikel wurden abgesetzt. Sie bilden des sogenannten „Rintelner Staubeckenton“. (Profil A)

Hierauf rückte der Eisrand abermals rasch vor. Er drang bis weit in das Bergland ein und hinterließ vor ca. 200 000 Jahren den Geschiebelehm der Hauptdrenthevereisung. Aus dieser Ablagerung stammen die meisten Geschiebe, die im Möllenbecker Findlingsgarten aufgestellt sind. (Profil B)

Damit war das Kältemaximum dieser Eiszeit überschritten. Die Temperaturen stiegen wieder an, das Eis schmolz langsam ab. Innerhalb des heutigen Wesertals zerfiel das Inlandeis in einzelne Toteiskörper. Aus deren Schmelzwässern sowie aus den Sedimenten der nun wieder periodisch fließenden Weser wurden dei Kieskörper vor Krankenhagen-Möllenbeck sowie die weitaus umfangreicheren von Möllbergen-Veltheim als sogenannte „Kames“ abgelagert. Ihre relativ große Höhe über dem heutigen Flußbett von bis zu 90 m erklärt sich durch den Rückstau des Wassers vor der Porta, wo das Inlandeis den Abfluß behinderte. Bei dem gesamten Geschehen handelt es sich um einen aus geologischer Sicht äußerst kurzen Vorgang der geschätzt wohl weniger als 1000 Jahre gedauert haben dürfte. (Profil C)

Geringfügig später wurde dann durch einen Paß des Wesergebirges im Bereich „Die Emme“ bei Kleinenbremen sowie durch einen Paß in Steinbergen („Grafensteinerhöh“) von den Schmelzwässern des abtauenden Inlandeises zwei Schwennfächer aufgeschüttet. Gleichzeitig begann die Abtragung, die Kames-Körper erhielten nach und nach ihre heutige Form (Profil D).

Virtueller Rundgang

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